Meet The Artist: Minia Biabiany
Die Gewinnerin des ersten Horizn Biennial Awards
Den Horizont zu erweitern und Unbekanntes zu entdecken sind Dinge, die Reisen und Kunst gemeinsam haben. Neue Perspektiven, Blickwinkel und Wege, die Welt wahrzunehmen, kommen auf, während man sich mit einem Kunstwerk beschäftigt. Kulturelle Erfahrungen fördern außerdem Innovation und Kreativität – Werte, die tief in unserer täglichen Philosophie verankert sind. Aus diesen und vielen weiteren Gründen wollte Horizn Studios eine Initiative zur kulturellen Unterstützung ins Leben rufen: Das Horizn Art Programme. Diese Initiative möchte aufstrebende junge Künstler aus der ganzen Welt unterstützen, indem pro Jahr zwei Kunst Awards verliehen werden.
Der erste Award – der Horizn Biennial Award – wird zusammen mit einer stattfindenden Biennale vergeben. Er unterstützt Künstler und deren Kreationen, die im Rahmen eines internationalen Ausstellungsformates präsentiert werden. Der zweite Award mit dem Namen Horizn Discovery Award lädt einen renommierten Künstler dazu ein, selbst drei Kandidaten zu nominieren. Von ihnen wird im Anschluss einer einen monetären Preis gewinnen, der dabei helfen soll, ein bestimmtes Kunstwerk zu produzieren oder ein Projekt zu realisieren.
Für den Biennial Award haben wir uns 2018 mit der 10. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst sowie deren Leiterin Gabriele Horn und Kuratorin Gabi Ngcobo zusammengeschlossen; für den Horizn Discovery Award haben wir uns für den renommierten Künstler Rirkrit Tiravanija entschieden, der bereits drei Kandidaten nominiert hat. Heute wird die Berlin Biennale eröffnet und wir freuen uns sehr darüber, die erste Gewinnerin bekanntzugeben: die Künstlerin Minia Biabiany aus Guadeloup, deren Arbeit bis zum 9. September im Rahmen der Biennale in der Akademie der Künste im Hanseatenweg ausgestellt sein wird. In ihrer Arbeit werden sowohl persönliche, als auch globale Geschichten miteinander verknüpft und die Themen Ort, Wissen, Tradition und Handwerk im postkolonialen Kontext widergespiegelt. Wir laden euch herzlich dazu ein, Minias Werk mit eigenen Augen auf der Biennale zu erleben und in das untenstehende Gespräch mit der Künstlerin einzutauchen.
Minia, herzlichen Glückwunsch zu deiner Teilnahme an der diesjährigen Berlin Biennale und natürlich zum Horizn Biennial Award 2018. Wir freuen uns darauf, dein Projekt mit dem allerersten Horizn Biennial Award zu unterstützen. Was ist denn deiner Meinung nach so besonders daran, Teil der Berlin Biennale zu sein?
Die Teilnahme hat es mir ermöglicht, an einem langfristigen Projekt zu arbeiten – fast ein Jahr lang erhielt ich Unterstützung und Vertrauen – gemeinsam mit einem Team von Kuratoren, das Werte weitergeben möchte und nicht eurozentristischen Sichtweisen durch die Kunst eine Bühne bietet. Es war für mich eine Möglichkeit, nicht nur einen bestimmten Kontext zu definieren, sondern auch darin gesehen zu werden.
Könntest du deine Arbeit „Toli Toli”, für die du den Award gewonnen hast, in wenigen Worten beschreiben?
„Toli Toli” ist ein Gedicht, das quer über Wände, Schatten und Körper geschrieben ist. Ich habe die Metapher eines alten kreolischen Songs benutzt, um über das Gebiet Guadeloup und seine Besonderheiten zu sprechen. Ich habe mir vorgestellt, wie ein abgehackter poetischer Dialog zwischen Land, Zeit und dem Mangel an Wiedererkennung stattfindet – das bezieht sich auf die aktuelle politische Situation.
Deine Arbeit handelt von lokalem Wissen und kultureller Identität. Warum spielen diese Themen in deinen Augen in unserer globalisierten Welt eine so wichtige Rolle?
Diese globalisierte Welt und unsere kapitalistische Lebensweise sind ein Paradox: Der hauptsächliche Grund, der Menschen untereinander verbindet, ist eigentlich die Trennung voneinander. Die Trennung vom eigenen Körper, von Rhythmen, die Selbstbewusstsein zulassen, von unserer Umgebung. Lokales Wissen bedeutet nicht unbedingt Handwerk oder Prozesse mit reduzierter Geschwindigkeit. Sie kommt von den Notwendigkeiten, die abhängig davon sind, wo wir uns befinden; es geht um die Vielfalt der Vorstellungskraft und die unterschiedlichen Möglichkeiten, Geschichte, Menschen und Gebiete wahrzunehmen. Ich bin vor allem daran interessiert, Geschichten zu erzählen und ins Leben zu rufen, die unsere eigene Wahrnehmung hinterfragen. Meine Arbeit setzt sich mit dem Verhältnis zwischen Raum, Sprache und den verschiedenen Wirklichkeiten auseinander, die im (post-)kolonialen Kontext gefunden wurden.
Inwiefern sind Konzepte von Bewegung, Erkundung und Konnektivität Teil deiner künstlerischen Ausübung?
Sie erlauben die Entwicklung der Poesie eines Ortes. Ich sehe den Raum zwischen den Elementen als ein Kunstwerk, so wichtig wie die Elemente selbst. Es ist dem archipelischem Denken oder der Idee der Relation des Philosophen Édouard Glissant sehr ähnlich: Der Betrachter muss sich durch den Raum bewegen, um den Blick zu aktivieren und eine Geschichte zu entwickeln, indem er die dargestellten Elemente miteinander verbindet. Es ist sowohl eine mentale als auch eine physische Entdeckungsreise.
Würdest du dich selbst als einen „global Citizen” beschreiben?
Nein, nicht wirklich. Ich versuche so gut es geht wahrzunehmen, wo ich mich befinde und was zum jeweiligen Zeitpunkt die sich verändernden Grenzen sind. Das schließt Intimität ein, Menschen, Orte, Regeln, etc.… Für mich ist der Gedanke der Globalität interessant, sobald man ihn als Anhäufung von Besonderheiten auffasst. Ich bin eine neugierige Person, also mag ich es, überall neue Leute zu treffen und mit ihnen Zeit zu verbringen. Das ist eigentlich eine ziemlich witzige Frage für jemanden, der gleichzeitig Bürgerin der Karibik und von Frankreich ist.
An welche Reise hast du die stärksten Erinnerungen?
Die erste Erinnerung, die mir jetzt in den Kopf kam, ist das erste Mal, als ich in Indien auf Backpacking Tour war. Aber es könnten genauso meine ersten Momente in anderen Ländern sein, zum Beispiel Mexiko oder Mali.
Du selbst hast einen multikulturellen Hintergrund – welchen Ort auf der Welt abgesehen von deiner Heimat würdest als größte Inspiration für deine Arbeit und Kreativität sehen?
Mexiko. Die Menschen dort sind unglaublich offen und auch die Leichtigkeit im zwischenmenschlichen Umgang miteinander gefällt mir gut. Diese Dynamik ist in Mexiko Stadt allzeit präsent und das tut mir gut.