Zwischen Du und Ich, Mirnas zweiter Roman, wird aus zwei unabhängigen Perspektiven erzählt – aus Nikes Sicht, einer Berliner Beraterin, und Noams, einem in Tel Aviv lebenden Politikjournalisten. Es geht um Gewalt, die transgenerationale Weitergabe von Traumata, und Bruchstellen, aber auch um Selbstliebe und die Liebe zu anderen. Laut Mirna spricht das Judentum viel darüber, wie man mit Bruchstellen leben kann. Sie versteht ihre Religion als eine Kultur und eine spezielle Art zu denken. „Es geht ganz viel um Zweifel, Streitbarkeit und viel mehr um Fragen als um Antworten. Aber auch um das Aushalten anderer Positionen – das ist etwas, das man vom Judentum lernen sollte und müsste.“
Was möchte sie ihrem Publikum mitgeben? „Ich möchte durch ehrliche und klare Sprache zeigen, dass man Tabus brechen kann und dass nicht jede Regel für immer bestehen muss. Nicht jede Antwort auf eine Frage ist absolut, nichts in dieser Welt ist von Bestand”, sagt sie. Mirna zeigt, wie sich gesellschaftliche Standards und Werte, aber auch menschliches Miteinander, ständig ändern. Einen Radar für gesellschaftlich auferlegte Tabus hat sie gar nicht. Das Schreiben hilft ihr beim Denken und dabei, ihre eigene innere Stimme klarer zum Ausdruck zu bringen – wodurch sie mehr Stabilität in sich selbst gewinnt: „Diese unendlich vielen Seiten Text, die haben mir geholfen, zu meinem Kern vorzustoßen.“
Voranzukommen bedeutet für sie, verinnerlichte Grenzen zu überwinden und sich selbst neue zu setzen – und nicht getrieben davon zu sein, Grenzen zu sprengen. „Diese Begrenzung gibt ja auch Sicherheit. Ich mache jetzt meinen Master, bewege mich in diesem Terrain und genieße es, erstmal dort zu sein, auch wenn ich vielleicht länger brauche als andere.” Wer Mirna kennt, weiß, dass nach ihrem Master noch viele Dinge folgen werden. Was sie wirklich antreibt, ist ihre Lebenslust. „Ich würde sofort so einen Vampir-Move machen. Ich habe noch so viel vor, so viele Leben, die ich leben will, so viele Erfahrungen zu machen und Berufe zu lernen”, sagt sie mit einem Lächeln.
Mirna Funk ist Romanautorin, Journalistin und Referentin. Sie lebt zwischen Berlin und Tel Aviv. Um mehr über ihre Reise zu erfahren, folgt ihr auf Instagram.
Porträts: Shai Levy
Text: Ann Christin Schubert